Donnerstag, 18. August 2016
Um unseren Zeitplan annähernd einzuhalten, bin ich gestern noch 60 Meilen bis Inverness gefahren.
Der Tag fängt für meinen Geschmack ziemlich genial an – nämlich mit Kaffee. Tophi und ich sind von dem Parkplatz auf dem wir gestern geparkt haben, in das Dorf gelaufen und waren auf der Suche nach Brötchen, als wir über den rumänischen Schotten, der italienischen Kaffee verkauft gestolpert sind. Zu unserem Glück. Der Tag geht genauso geil weiter, wie er angefangen hat. Ich würde sogar sagen mit einem Highlight meiner bisherigen Reise. Nach 20 Minuten durch unfassbar surreale Landschaft kommen wir an den Rogie Falls an und stellen unser Schlachtschiff auf den mal wieder viel zu kleinen Parkplatz. An den Rogie Falls bekomme ich zum ersten Mal Dauergänsehaut. Über den Wasserfall führt eine Hängebrücke, davon wegführen unzählige kleine Wege. An dieser Stelle wird Eric sicher behaupten, ich sei einfach verschollen oder hätte mich verlaufen – dabei war das eine geplante Aktion, um mal etwas allein zu sein.
Zwei Stunden später war ich dann genug allein und bin flussaufwärts wieder zum Crafter gelaufen. Was ich nicht bedacht hatte: Wenn ich 30 Minuten die ganze Zeit bergab laufe, ist es nicht gerade einfach in 10 Minuten den Weg bergauf wieder zurückzulaufen – meine Kondition dank’s mir, meine Lunge verflucht mich – naja, Lektion gelernt.
Während ich weg war, haben die Jungs die Zeit gut genutzt und coole Aufnahmen mit der Drohne gemacht und mit anderen Touristen und einem Schotten gequatscht – nun kennt Schottland auch RALLYCROSS TV.
Zurück im Auto. Diverse Stopps zwischendurch, unter anderem an einem Staudamm, an dem wir wegen der spektakulären Kulisse nochmal die Drohne fliegen lassen. Phil – unser Drohnenmeister – fliegt die Drohne den Staudamm hoch bis der komplette Stausee und die dahinterliegenden Bergketten komplett zu sehen sind – einfach wunderschön und weit! Die Jungs lassen es nicht nehmen noch schnell in den 10° C ‚warmen‘ Stausee zu springen. Die anschließenden Blicke der Autofahrer, als drei halb nackte Kerle in einen abgedunkelten Crafter einsteigen, sind unbezahlbar.
An gefühlt jeder Ecke und hinter jedem Berg geht ein Raunen durch den Bus und wir müssen uns alle beherrschen nicht überall anzuhalten. Da es wieder Zeit für einen Campingplatz ist, steuern wir auf Ullapool zu, in der Hoffnung dort einen nicht allzu teuren Campingplatz zu finden und wir werden nicht enttäuscht. Für eine Nacht, Strom und Duschen zahlen wir 31 Pfund, das sind umgerechnet etwa 45 Euro. Das ist der günstigste Platz bisher – nagut, einer von zweien.
Bevor wir allerdings den Abend mit Grillen und einem Feierabendbier einleiten, machen wir noch eine Tour durch das gemütliche, inzwischen von der untergehenden Sonne angestrahlte Ullapool. Es ist für eine Küstenstadt ziemlich warm und windstill. Hier sind viele Touristen unterwegs, aber gemütlicher und entspannter als ich es sonst kenne. Generell sind die Schotten erfrischend entspannt, unfassbar freundlich und hilfsbereit – das Leben hier scheint entschleunigter als in Deutschland. Das merkt man am Fahrstil der Schotten allerdings überhaupt nicht!
Ich werde aus meinen Träumereien gerissen, als auf einmal eine komplette Dudelsackformation zu hören ist. Er scheint komplett durch Ullapool zu laufen und wir laufen hinterher. Ein waschechtes schottisches Erlebnis.
Dann gehts zurück zum Campingplatz, grillen, ein Bier trinken und – weil wir WLAN haben – Mails checken und Bilder übertragen.
Freitag, 19. August 2016
Heute steht ein gewaltiger Tag an. Ich glaube sogar der eindrucksvollste bisher. Eric und Phil haben heute Mal wieder ihr Motto „Everything for the shot“ bestätigt und sind heute Morgen um 5 Uhr aufgestanden, um den Sonnenaufgang festzuhalten. Ich dagegen hab den beiden viel Spaß gewünscht, mich umgedreht und noch drei Stunden geschlafen. Was die beiden da erlebt haben, könnt ihr auf Erics Seite EZUML nachlesen.
Als Vorbereitung auf die Reise hatte ich verschiedene Punkte herausgesucht, die interessant sind, z.B. die Rogie Falls oder wie heute auf dem Programm, die Smoo Caves ganz im Norden von Schottland.
Über Nacht hat es etwas aufgefrischt und heute geht ein ordentlicher Wind. Kühler geworden ist es auch. Nur der Regen lässt immer noch auf sich warten. Ich persönlich wünsche mir ja etwas Regen, der Rest guckt mich dafür immer etwas verwirrt an.
Auf dem Weg von Ullapool nach Durness halten wir wieder an verschiedenen Punkten. Von weitem kann man schon das Ardvreck Castle sehen, ein altes Schloss, direkt zwischen einem See und einer Gebirgskette. Während sich die Jungs runter zum Wasser arbeiten, laufe ich in die entgegengesetzte Richtung, den Berg hoch auf eine Baumreihe zu. Es hat sich absolut gelohnt, als ich zwischen den Bäumen einen über 5 Stufen herabstürzenden Wasserfall sehe. Meine Neugierde treibt mich immer weiter den Berg hoch und sogar meine Füße, die durch den weichen und nassen Untergrund schon im Wasser stehen, stören mich nicht. Ich bin etwa 1 Stunde länger weg, als beabsichtigt, was mir aber erst klar wird als die Jungs am Auto stehen und mich mit großen Augen anschauen. Und ratet mal, wer den Autoschlüssel hatte…
Wir fahren weiter. 5 Minuten sind vergangen. Dann der Schock. Von hinten ruft Eric „Ey, UMDREHEN. Mein Handy ist weg!“. Also wende ich, fahre wieder zurück. Währenddessen machen wir schon den „Rettet-das-Handy-Notfallplan“ bis Eric feststellt, dass sein Handy einfach nur aus der Tasche auf den Sitz gefallen ist. Erleichterung. Also wieder Wenden und weiter Richtung Durness.
Auf dem Weg kommen wir aus dem Staunen gar nicht mehr raus – die Landschaft wird hügeliger, bunter. Wir fahren an Glens vorbei, in deren Seen kleine Boote liegen. Irgendwann ist Durness ausgeschildert, wir sehen das Meer. Das Navi zeigt glücklicherweise an, dass wir bereits in Durness sind, sonst hätten wir es wohl verpasst. Dazu muss man wissen, dass die „Städte“ hier aus wenigen Häusern besteht, der Name des größten Hauses bestimmt den Ortsnamen – das ist zumindest der Schluss, zu dem wir kommen.
Auf der Karte ist eine Apotheke eingezeichnet, die es aber anscheinend nicht gibt. Das Gleiche passiert uns übrigens täglich mit diversen Tankstellen oder Shops.
In Smoo parken wir wieder auf einem craftertauglichen Parkplatz und packen uns warm ein. Als wir aus dem Crafter aussteigen bläst uns bereits der Wind um die Ohren. Je weiter wir Richtung Meer laufen, desto windiger wird es. Ein paar Stufen führen zu den Caves herunter. Der Eingang der Höhle ist riesig, ich schätze 20x30m groß. Überall tropft es von der Decke und die ganzen Wände sind bunt – irgendwie außerirdisch. Ich begutachte mal wieder die für mich interessanten Gesteine, während Tophi das mit einem „Boah, das sind doch nur Steine“ kommentiert.
Da drin ist es deutlich kühler. Das Plätschern in der Höhle kommt aus einer Spalte, in die ein aus Holz gebauter Gang rein führt, durch den wir durch gehen. Er führt in eine zweite Höhle, die sich Waterfall Cave nennt. Leider sind wir zu spät dran, um eine Tour mit dem Boot in die anderen Höhlen zu bekommen – dafür müssen wir morgen wiederkommen. Unsere Alternative ist aber mindestens genauso eindrucksvoll, da wir ans Meer gehen und geschlagene 3 Stunden dort verbringen, auf den Gesteinssäulen herumklettern und die Kraft des Wassers bestaunen, die die Wellen immer wieder an der Kante zerschellen lässt. Tophi und Phil sind inzwischen zurückgelaufen, Eric und ich sind aber noch zu neugierig, um schon zurückzugehen und laufen weiter an der Küste entlang, bis wir eine weitere Höhle entdecken. An dieser Stelle muss ich die Erzählung leider unterbrechen, weil meine Mama sonst mit mir schimpfen würde – Hallo Mama!
Mit einem fetten Grinsen auf dem Gesicht kommen Eric und ich wieder am Auto an, die anderen beiden warten bereits – uns ist mal wieder jegliches Zeitgefühl flöten gegangen, nicht zum ersten und letzten Mal in diesem Urlaub – sorry!
Unser Weg führt uns weiter östlich an der Küste und wir halten in einer Bucht nahe Smoo, die mich ein wenig an Thailand erinnert: Weißer Sand, türkisfarbenes Wasser und ein wunderschöner Sonnenuntergang. An der oberen Klippe parken wir – zusammen mit drei weiteren deutschen Fahrzeugen. Tophi quatscht mit Osnabrückern, Phil – unser Grillgott – bereitet den Grill vor und Eric und ich hauen mal wieder unter dem Vorwand ab, Bilder vom Sonnenuntergang zu machen. Das endet damit, dass wir etwa 15 Minuten Fotos machen, die anderen 45 Minuten sitzen wir am Strand und beschließen spontan baden zu gehen – natürlich hat keiner an Badesachen oder ein Handtuch gedacht, aber wir haben es im Anschluss nicht weit zum Auto und springen einfach teilweise in Klamotten ins Meer.
Natürlich ist das Essen schon lange fertig, als wir oben wieder ankommen und wir sind mehr als dankbar für was Warmes im Bauch – großartiges Gefühl nach dem Baden gehen!
Der Abend endet mit einem Bier und Nieselregen.
Samstag, 20. August 2016
Auf dem heutigen Programm stehen ausnahmsweise nur zwei Dinge. Zum einen uns die Smoo Caves, die wir gestern nicht geschafft haben anzusehen, zum anderen die Fahrt nach Lairg, das etwa 80 Meilen süd- östlich von Durness liegt. Nachdem es gestern und die ganze Nacht geregnet hat, ist das Wetter heute wieder traumhaft, sodass wir beschließen nochmal an den Strand und baden zu gehen. Nach 30 Minuten sitzen wir dann im Auto und fahren das Stück zurück nach Smoo, wo wir das gleiche Programm wie gestern durchlaufen: Sachen packen, warm anziehen und die Treppen zur Höhle hinabsteigen. Diesmal werden wir von zwei Männern begrüßt, die die Tour durch die Caves leiten. Während wir etwa 20 Minuten warten müssen, bis das nächste Boot fährt, erzählt uns Collin – der Höhlenmensch und unser Bootsführer – dass zur Zeit nach weiteren Höhlen gebohrt wird und erklärt uns den Aufbau des Höhlensystems – genau mein Ding. Er spricht einige Brocken Deutsch und lässt ab und zu ein lustig klingendes „Spalte“ einfließen, das für uns vier später zum Insider wird und sich in unser Rufspiel der meistgesehenen Dinge einreiht. Immer, wenn jemand eine der folgenden Dinge sieht, wird nämlich der Reihe nach gebrüllt: „BRÜCKE“, „SCHAF“, „WASSERFALL“, „FLUCHT“, „KOMPOSITION“ (Phils Einsatz: „BILDGESTALTUNG, Synonyme erlaubt“), „BOOM“ (platt für Baum). Auch wenn das die anderen Touristen nicht mal im Ansatz so lustig fanden: Ihr seid der Knaller! Aber zurück zum Boot: Wir fahren mit etwa 8 Personen durch die Höhlen und müssen am Ende aussteigen, um weiterzulaufen. Eindrucksvoll, finden auch die anderen! Cooles Erlebnis & hat sich für 5 Pfund pro Person durchaus mal gelohnt.
Auf unserer Weiterreise nach Lairg bleiben wir nur wenige Male stehen, da die Landschaft im Vergleich zu unserem Weg an der Westküste eher flach und langweilig ist. Dafür schaffen wir es innerhalb von 3 Stunden nach Lairg und beschließen an einem See anzuhalten und Fish & Chips zu essen – als Abwechslung zum abendlichen Grillen. Gute Idee, fanden auch die Midgies, die das Futter sofort gerochen haben. Es ist also nur eine Frage der Zeit bis der erste von uns die Nerven verliert und mit dem einzigen Mittel beginnt, das gegen diese Mistviecher hilft: Laufen! Falls also jemand das Gerücht hören sollte, Deutsche würden beim Essen im Kreis rennen – nun wisst ihr, wo es herkommt!
Weil es inzwischen so nervig ist und wir ohnehin fertig sind mit Essen, beschließen wir weiterzufahren, uns eine Stelle für die Nacht zu suchen und vorher noch „schnell“ den Sonnenuntergang festzuhalten. Auf der Karte ist ein Staudamm eingezeichnet – ja, Ihr merkt schon: Wir haben eine Vorliebe dafür – den wir ansteuern. Was vorher echt nicht gut überlegt war: Wo ein Staudamm ist, ist auch Wasser. Und wo Wasser ist, sind auch Midgies – IMMER! Und erst Recht, wenn’s dämmert.
Da wir in der letzten Woche zu halben Teilzeit-Wikingern und Midgieexperten geworden sind, laufen wir trotzdem los und was soll ich sagen? Es hat sich mal wieder gelohnt. Eric hat hier eins meiner Lieblingsbilder der Reise geschossen!
Unser Tag endet an einem kleinen Fluss – mitten im Nirgendwo! Aber wir sind alle müde, obwohl wir heute mehr Zeit im als außerhalb des Autos verbracht haben!
Die Weiterführung des Blogs folgt. Jeden Tag schreibe ich etwas weiter und ergänze Tag für Tag neue Fotos in meinem Schottland-Portfolio.
Protagonisten:
Tophi und Phil – Tophi Media
Eric – EZUML
Bucht am nördlichsten Punkt von Smoo Das Ardvreck Castle Waterfall Cave der Smoo Caves